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  • „Macht und Gewalt - tabuisierte Realitäten in der Behindertenhilfe“
    Eine Empfehlung zu dem Buch von Udo Sierck mit dem oben genannten Titel ist mir dieser Tage besonders aufgefallen. Mein Erfahrungsbericht zu diesem Thema lies sich auf der entsprechenden Internetseite nicht hochladen, weshalb Ihr ihn im Anschluss findet.

    „Ich habe vor bald 20 Jahren in einem großen Behindertenheim in unserer Großstadt gearbeitet. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich die Schilderungen Herrn Siercks bestätigen.
    Zwar habe ich keine körperliche Gewalt sondern „lediglich“ subtile Formen des Macht-missbrauchs an den behinderten Menschen erlebt, jedoch waren diese für körperlich Abhängige furchtbar genug. Es gab Wohngruppen (jeweils 10 - 12 behinderte Menschen und genauso viele MitarbeiterInnen in einem weitestgehend geschlossenen Organisationsrahmen), in denen Angst herrschte.

    Ob das Verhalten der Mitarbeiterinnen Vertrauen schuf oder Angst verbreitete hing stark von den Charakteren der einzelnen MitarbeiterInnen ab. Auf „meiner Wohngruppe“ wurden ungefähr die Hälfte von ihnen von guten moralischen Wertemaßstäben geleitet was sich, im Kontakt zu den Bewohnern, positiv auswirkte.
    Dann gab es die anderen Kollegen, deren Verhalten (nach meiner Wahrnehmung sehr unreflektiert) von niederen Beweggründen wie Machtgier bestimmt wurde. In diesem Zusammenhang finde ich den Satz „Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht.“ von Abraham Lincoln sehr passend.

    Ein zweites Sprichwort, dass ich gerne zitieren möchte, lautet „Der Fisch stinkt vom Kopfe her.“ - sprich: eine Gruppen- oder Organisationsstruktur und -atmosphäre wird von den Führungsköpfen geprägt.
    Im Falle „meiner“ Wohngruppe war die führenden Personen eine mit ihrer Lebenssituation unzufriedene Wohngruppenleitung, die den behinderten Menschen mit Verachtung begegnete und ein Heimleiter, der Problemthemen aus dem Weg ging (An einzelnen Bemerkungen konnte ich erkennen, dass er die Situation durchaus erkannt hatte.). Diese Führungspersonen haben den dummen, machtgierigen Kollegen durch ihr Vorbildverhalten und der stillen Duldung der Unterdrückung, die nonverbale Erlaubnis für ihr Verhalten gegeben.

    Resümierend ziehe ich folgenden Schluss:
    Tendenziell problematisch finde ich Einrichtungen, in denen Personengruppen mit einer geringen gesellschaftlichen Anerkennung und Lobby und weitestgehend ohne gesellschaftliche Kontrolle untergebracht werden. Solche Rahmenbedingungen geben Betreuungspersonal in Machtpositionen, das dazu neigt, sich von niederen Beweggründen leiten zu lassen, Freiraum für ihr Tun.“