Ich denke, Religion an sich ist eine starke Orientierung und etwas Positives.
Wie der Mensch sie interpretiert und welche Schlüsse er für sein eigenes Handeln daraus zieht, stand schon oft auf einem anderen Blatt und tut es noch immer. In diesem Zusammenhang sehe ich die von Dir angeführten Negativbeispiele.
Einer „unserer Männer“ sagte immer dass diejenigen, die im Namen des Islam Gewalttaten verüben, ihre Religion nicht verstanden haben. Sie sind in seinen Augen keine Muslime im eigentlichen Sinn. (Er selber hat die Religionsbücher aller fünf Weltreligionen gelesen.)
Beeindruckend fand ich in diesem Zusammenhang die Rede des äqyptischen Geistlichen Ahmad Mohammad al-Tayyeb auf dem Dt. Ev. Kirchentag 2017*. In seiner Universität werden u.a. Auslegungen von Koranstellen durch den IS, die diese als Begründung für ihr Handeln heranziehen, hinterfragt. Es wird geprüft, in wieweit sich die Koran-Interpretationen der IS-Kämpfer mit denen der Gelehrten decken.
(Dein Englisch ist um Längen besser als das meinige. Die al-Azhar-Moschee soll eine sehr gute Internetseite haben. Vielleicht wäre es interessant für Dich - und natürlich für alle anderen mit Interesse am Thema - dort mal lesen zu gehen.)
Ich für meinen Teil kann sagen, dass das Handeln der Gläubigen um mich herum, seien es Christen oder Muslime, ein positives ist.
Werte, Moral und Tugenden haben ihre Berechtigung für mich nicht im Selbstzweck. Sie bekommen ihre Wichtigkeit durch ihre Sinnhaftigkeit in der jeweiligen Situationen. Dann empfinde ich sie allerdings als elementar, um eine Situation mit Respekt und in Würde vor dem Leben, vor dem Gegenüber gestalten zu können.
Wie Situationen entarten können, wenn die Beteiligten Werte, Moral und Tugenden „vergessen“ haben, sehen wir z.T. im Umgang mit den oben genannten Schutzbefohlenen.
Schicksalsschläge und fordernde Lebensumstände sind, nach meinem Erleben, Prüfungen ohne bestimmten Ausgang für die Persönlichkeitsbildung. Welche Lehren jemand aus Einer Situation zieht liegt am einzelnen. „Es gibt gutes und schlechtes Lernen aus einer Situation.“ hat der von Dir zitierte Moderator Jürgen Domian** mal gesagt.
Die Mehrheit der Menschen ist guten Herzens, so meine Erfahrung.
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https://www.kirchentag.de/aktuell_2017/freitag/de_maiziere_und_al_tayyeb/
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https://malwasanderes.blogger.de/stories/2736035/